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Kränkung (Teil 2)

Updated: Apr 1

Warum sie uns so trifft – und wie wir anders mit ihr umgehen können


Eine neue Klientin brachte mich erneut zum Nachdenken über das Thema Kränkung – ein Thema, mit dem ich auch persönlich Erfahrungen habe und dem ich im gestalttherapeutischen Kontext besondere Beachtung schenke.


Ein Gedanke dazu kam mir wieder in den Sinn: Ich las vor Jahren, dass die Folge früher Selbstwertverletzungen in jungen Jahren oft Ängste und unbefriedigte Bedürfnisse sind. Wir alle haben unterschiedliche Bedürfnisbereiche, in denen wir Erfüllung suchen und auch brauchen:


– Das Bedürfnis nach Bindung – nach verlässlichen, zugehörigen und treuen Verbindungen.

– Das Bedürfnis nach Freiheit – Autonomie, eigene Wirksamkeit und Kontrolle.

– Das Bedürfnis nach Lust – nach Genuss und der Vermeidung von Unangenehmem.

– Und das Bedürfnis nach Selbstwerterhöhung – also nach Anerkennung, gesehen und akzeptiert zu werden.


Werden diese Bedürfnisse nicht ausreichend erfüllt und mit Ängsten verbunden, entstehen hochindividuelle wunde Punkte. Um diese zu schützen, entwickeln wir Strategien – oft in Form von Glaubenssätzen wie „Sei stark!“, „Lass dir nichts anmerken!“ oder „Mach es perfekt!“. Diese helfen uns, den Schmerz aus der Vergangenheit nicht ständig zu spüren und gut durchs Leben zu kommen.


Doch wenn dann eine Kränkung geschieht – eine Kritik, eine Ablehnung, eine Zurückweisung – wird genau dieser wunde Punkt berührt. Oft geschieht das unbewusst, aber unsere Reaktion auf die Kränkung zeigt, dass da noch etwas in uns wirkt.


Für mich ist es immer wieder berührend, wenn ich mit Klient:innen arbeite und wir Schicht für Schicht diese Schutzmechanismen in einem sicheren Raum lösen – bis wir schließlich zum eigentlichen, ursprünglichen Schmerz kommen. Manchmal kann dieser zum ersten Mal bewusst betrachtet werden. Und genau das kann verändern, wie wir mit Kränkungen umgehen.


Es geht nicht darum, die Angst oder den Schmerz „wegzumachen“ oder zu therapieren. Vielleicht ist das gar nicht möglich – und vielleicht auch nicht nötig. Vielmehr geht es darum, diese biografischen Prägungen als Teil von uns anzuerkennen, sie zu integrieren und dadurch einen anderen Umgang mit Kränkung zu finden.

Die Kränkung (Teil 1: Die Wunde)

Ein paar lose Gedanken zu „seelische Wunden“ – vielleicht mit einer leichten Färbung aus der gestalttherapeutischen Perspektive, die ich...

 
 
 

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